Impuls vom 18.05.2022

Etwas gelernt?

Corona – war da was? Seitdem die Hygiene-Regelungen weitgehend aufgehoben sind, kann man sich das durchaus fragen. Immer weniger Menschen tragen Masken, die Abstandsregeln sind auch in der Kirche – Gott sei Dank – gefallen, Normalität kehrt wieder ein. Manche haben noch kein gutes Gefühl dabei und sind weiterhin (und zu Recht) vorsichtig, aber alles in allem ist es eine große Erleichterung und Freude, dass vieles wieder möglich ist.

So ist es auch in unseren Pfarreien: Das „normale“ Leben kehrt allmählich zurück. Machen wir also einfach so weiter wie vor der Pandemie?
Vor ein paar Tagen war ich bei einem Treffen mit einigen Pfarrern, bei dem wir lange darüber gesprochen haben: Ist es unser Ziel, möglichst nahtlos an das anzuknüpfen, was vor gut zwei Jahren durch Corona jäh unterbrochen worden ist? Oder sollten wir uns nicht die Zeit nehmen, miteinander zu überlegen, was wir durch diese Erfahrung gelernt haben?
Ein Kollege fragte zum Beispiel: Brauchen wir wirklich all das, was bisher das Programm unserer Gemeinde ausgemacht hat? Hat sich nicht gezeigt, dass manches gar nicht vermisst wurde – oder nur von wenigen gewünscht wird?
Ein anderer meinte: Sollten wir nicht unser „Programm“ danach durchforsten, was nur „Tradition“ und „Aktivismus“ (und möglicherweise sogar „Selbstdarstellung“) ist, aber eigentlich nicht der Sache des Evangeliums dient und Kirche Jesu Christi aufbaut? Was wäre das dann stattdessen?

Diese Fragen stelle ich mir auch – und würde mir sehr wünschen, dass wir sie uns auch miteinander stellen. Und ich erinnere mich an das Wort von Papst Franziskus, das er wenige Monate nach seiner Wahl in seinem Schreiben „Evangelii Gaudium“ geprägt hat: „Ich träume von einer missionarischen Entscheidung, die fähig ist, alles zu verwandeln, damit die Gewohnheiten, die Stile, die Zeitpläne, der Sprachgebrauch und jede kirchliche Struktur ein Kanal werden, der mehr der Evangelisierung der heutigen Welt als der Selbstbewahrung dient.“

Es wäre schön, wenn wir über diese Dinge miteinander ehrlich sprechen könnten – und so wahrnehmen, „was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb 2,7).