Impuls vom 10.06.2023

Keine Privatsache

Eucharistie ist keine Privatsache unter Freunden, im Club von Gleichgesinnten, wo die sich treffen, die einander sympathisch sind und die zueinander passen. Es geht um etwas viel Tieferes: Wie der Herr sich öffentlich vor den Mauern der Stadt, erhöht auf dem Hügel Golgotha, festnageln ließ und vom Kreuz her mit seinen ausgebreiteten Armen die ganze Welt segnete, so ist die Eucharistie der öffentliche Gottesdienst aller, die der Herr in seine Nähe ruft. In der Feier der hl. Messe verdichtet sich, was Jesus in seinem irdischen Wirken vorgelebt hat: dass Menschen aus unterschiedlichen Sprachen und Strömungen, Interessen und Tendenzen zusammengeführt werden an dem Tisch, den der Herr selbst deckt. Praktisch hieß das in der damals bekannten Welt rund ums Mittelmeer: Die Eucharistie brachte verschiedene Leute zusammen: z.B. die reiche Aristokratin, die sich zu Christus bekehrte, den korinthischen Hafenarbeiter und den Sklaven vom Rand der Gesellschaft, der nach römischem Recht nicht einmal als Mensch, sondern nur als Sache gegolten hat. Das war anfangs revolutionär. Aus den Texten des Neuen Testamentes erfahren wir von den Schwierigkeiten der Gemeinden, diese eucharistische Gemeinschaft, die soziale und kulturelle Grenzen sprengte, zu akzeptieren. Es gab Christen, die sich gegen eine solche offene Kirche sträubten und lieber im eigenen Kreis bleiben wollten. Das ist aber kein eucharistischer Lebensstil. Unser Stehen zum Herrn bedeutet: die Bunkermentalität verlassen und sich öffnen. Ein aktuelles Beispiel: In den Diskussionen um Diversität und sexuelle Orientierung greifen wir zu kurz, wenn wir im Hinblick auf den Empfang der Kommunion darüber befinden wollen, wer hinzutreten darf und wer nicht. Was Papst Franziskus unermüdlich wiederholt, sollte auch unser Maßstab sein: Schwingen wir uns nicht zum Richter über andere auf! Wir sind keine Türsteher vor dem Festsaal der Eucharistie, wir sind Hochzeitslader für das Mahl, das der Herr allen bereitet, die ehrlich danach hungern. Verweigern wir keinem die Kommunion, der darum bittet!

(Der Augsburger Bischof Bertram Meier an Fronleichnam 2023)